Eine ganze Woche lang (24.-28.01.) waren wir zu Gast an der Partnerschule des Gymnasiums München Trudering, oder besser: wir waren mittendrin – im Schulalltag, in den Klassen, im Lehrerzimmer, im Büro des Schulleiters – mit Begegnungen, Erfahrungen und Gesprächen, die uns vielversprechende PERSPEKTIVEN zeigten.
Perspektive 1: Environment
Originelle Hinweisschilder mit der klaren Ansage „Please get tuned“ – hier spricht man Englisch – begrüßen uns. Es herrscht Campus-Atmosphäre: alle Klassenzimmer (die meisten sehr renovie-rungsbedürftig) sind im Carré angeordnet; das neue „Corona“ Gebäude, das im Auftrag der Regierung (finanziert vom IWF) innerhalb weniger Wochen (!) im Dezember errichtet werden musste, schließt sich an. An die dringend notwendige Neueinstellung von Lehrkräften ist leider nicht zu denken!
Für Ordnung und Sauberkeit des gesamten Schulgeländes sorgen die Schüler:innen – ein hohes Maß an Disziplin ermöglicht einen reibungslosen Arbeitsablauf (vom Wasserholen bis zum Reinigen der Toiletten); der damit verbundene militärisch anmutende Drill ist für uns befremdlich.
Das Besondere: Die Schüler:innen identifizieren sich mit ihrer Schule und übernehmen Verantwortung, z.B. im School Government, beim Organisieren der „Self-Studies“, beim Bäumepflanzen. So entstand nicht nur der SchuPa Garten mit Obstbäumen und Gemüsebeeten, sondern auch eine Conservation Area: das rund 13 ha große umliegende Schulgelände wird nun nicht nur als Anbaufläche (z.B. für Mais) genutzt, sondern – auf 5 ha – auch als „Naturwald“ erhalten bzw. wiederaufgeforstet.
Die Weitläufigkeit des Geländes spiegelt sich gewissermaßen in der neuen Multifunctional Hall wieder, die den rund 770 Schüler:innen ein „Dach über dem Kopf“ ermöglicht: zum Essen, zum Lernen, für Prüfungen und Versammlungen. Am Freitag, den 28.01.2022, wurde das von der Bayerischen Staatskanzlei und SchuPa Tansania finanzierte Gebäude offiziell eröffnet.
Nun werden auch noch Fördermittel von den Schmitz Stiftungen für ein weiteres Projekt beantragt: ein neues Dormitory für die Jungs soll noch 2022 für genügend Schlafplätze sorgen (im Moment teilen sich vier Jungs ein Stockbett!).
Eine PERSPEKTIVE für mehr Lebensqualität!
Die zwei bestehenden Schflafgebäude für Jungs Blick in ein Schlafgebäude: 100 Betten von 200 Schülern belegt!
Perspektive 2: Cooperation
Das Zusammenwirken und die Bereitschaft miteinander das Schulleben trotz großer Herausforderungen positiv zu gestalten ist allgegenwärtig: Der Schulleiter Wilhelm Mgaya arbeitet mit seinem Kollegium auf Augenhöhe, er bindet alle in Entscheidungsprozesse mit ein, zeigt besondere Führungsqualitäten und gibt auch den Schüler:innen das Gefühl einer echten „Schulfamilie“. Die Tür zu seinem Büro ist stets geöffnet. Im Lehrerzimmer wird gemeinsam gegessen, gearbeitet, diskutiert, gelacht.
Diese Atmosphäre ermöglichte es uns, in zwei Workshops den „Perspektivenwechsel“ erfahrbar zu machen: mit Körperübungen, dem Weltspiel, verschiedenen Methoden wie „Mindmap“, „Take position“ und „Kugellager“. Die abschließende „Five-Finger-Feedback“-Runde endete mit ausgelassenem Tanzen und Lachen. So fiel uns der Abschied ein klein bisschen leichter!
Dies gilt auch für unser Zusammenwirken mit den verschiedenen Schüler:innengruppen: vom spontanen Unterrichtseinsatz, über Workshops zum Thema „Partnerschaft“ (inklusive World Café) bis hin zu persönlichen Gesprächen: Ernsthaftigkeit und Humor waren immer dabei!
Bewegend war das Treffen mit den „needy students“ und Familienmitgliedern bzw. Guardians, die sich unbedingt für die SchuPa Unterstützung bedanken wollten. Die Vielfalt der traditionellen Danksagungen bedeutete für uns interkulturelles Lernen pur – verantwortungsvoll und vorausschauend hatte uns der Schulleiter darauf vorbereitet, so dass alle das Zusammensein wertschätzen konnten.
Die Bereitschaft zur Kooperation auf verschiedenen Ebenen bescherte der LUDSS – nach den deutlichen Verbesserungen seit 2018 – zuletzt ein hervorragendes Ergebnis des National Exams 2021: Alle Schüler:innen bestehen die Abschlussprüfung der Form IV (O-Level), 18 davon mit „Division A“ (höchste Notenstufe) – den 7 Mädchen unter ihnen „spendiert“ der Schulleiter aus eigener Tasche das Schulgeld für die weiterführende Form V und VI (A-Level).
Hier treffen sich intrinsische und extrinsische Motivation – was für eine PERSPEKTIVE!
Perspektive 3: Communication
Das ist die große Stärke des Schulleiters, die sich auch im Kollegium bemerkbar macht: Probleme und Defizite werden offen angesprochen, Transparenz schafft Vertrauen, eine kritische Auseinandersetzung ist möglich. „It is a long way for my people to change their mindsets and attitudes“ sagt Mgaya und geht mit gutem Beispiel voran. Dabei scheut er sich auch nicht, klare Worte zu finden, wenn die Politik einmal wieder im Weg steht: „Politicians know what they do, but they don’t do what they know“. Sein Vorwurf ist eindeutig: „We are teaching like a fire brigade.“ Und beim School Board Meeting macht er deutlich: „We must change the „I“ into „We“!“ Der unermüdliche Einsatz dieses außergewöhnlichen Schulleiters, seine Aufgeschlossenheit und sein Interesse neue Wege zu beschreiten, eröffnen der Schule und damit auch der Schulpartnerschaft neue PERSPEKTIVEN.
Besonders erfreulich: Bei einem Zoom Meeting am 27.01. (moderiert von Karolina Esch) trafen sich die beiden Principals Susanne Asam (GMT) und Wilhelm Mgaya (LUDSS) sowie einige LUDSS Lehrkräfte zum ersten Mal – zum Kennenlernen und Ideen-Austausch.
Auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen!