Unser vorletzter Tag in Emmaberg (KHG-Reisegruppe)

Unser vorletzter Tag hier in Emmaberg – auch, wenn man es nicht glauben kann. Genauso wenig wie das Chaos, das sich den ganzen heutigen Tag hindurchgezogen hat …

Der Tag ging los, wie jeder andere auch: Frühstück. Wie immer köstlich mit Kochbananen, Kartoffeln, Ei und Mandasi. Dann fing es an mit dem Chaos: Wir versammelten uns alle brav und wie immer pünktlich in der Library (also 30 Minuten zu spät) in Erwartung, uns nun gegenseitig noch einmal ein paar Tänze beizubringen. Zu unserer Überraschung ging aber plötzlich poppige Musik los und ein kostümiertes Emmaberg-Mädchen nach dem anderen marschierte in die Halle. Wow, eine richtige Fashion Show! Mit von den Schülerinnen selbst designten und genähten Kostümen, Moderation und Catwalk. Den Mädchen hat es – ihren strahlenden Gesichtern und dem tosenden Applaus nach zu urteilen – mindestens genauso viel Spaß gemacht, uns die Mode zu präsentieren, wie uns, ihnen zuzusehen! Ein Blick auf den Timetable sagte uns, dass das wohl die Fashion und Music Show sein musste, die eigentlich für später geplant war.

Das Tänzebeibringen folgte aber dann doch noch. Ein letztes Mal durften wir die beeindruckenden tansanischen Tänze genießen, bevor wir dann selbst mitmachen … mussten … (da war`s dann vorbei mit schön und beeindruckend..) und zum Schluss haben wir alle gemeinsam das bayerische Flieger-Lied (vor allen Dingen auf Grund des nun nachvollziehbaren Zeitdrucks) getanzt. Ja, denn um 10.00 Uhr gabs wieder Frühstück…schließlich kann man ja nicht länger als zwei Stunden ohne Essen auskommen!

Die nächste Überraschung wartete schon: Pünktlich zu Chapati und Tee kamen der Arzt Werner Kronenberg und seine Praktikantin zu Besuch. In der Zeit bis zum Lunch unterhielten wir uns mit ihm über seine Arbeit als Chirurg hier in den Krankenhäusern Ilembula, Itete und Matema und konnten uns mithilfe einiger eindrucksvoller Bilder, die die (gottseidank vor allem ehemalige) Situation im hiesigen Krankenhaus zeigten eine Vorstellung von den Differenzen und Herausforderungen machen, die ein tansanischer Arzt bewältigen muss. Werner und Christine blieben netterweise noch zum Lunch, sodass noch genügend Zeit für alle die Fragen blieb, die uns Schüler/innen auf dem Herzen lagen. Diesem spontanen Programmpunkt musste aber leider ein anderer weichen: Das Partnership Agreement zusammen mit den Lehrern und Schülern aus Emmaberg fiel kurzerhand aus.

Nach all dem Chaos folgte jetzt endlich ein bisschen Freizeit. Allerdings währte die Ruhe nicht lange, die nächste Verwirrung wartete schon: Keiner wusste, ob heute tatsächlich ein Sportwettkampf stattfinden würde (so wie es im Zeitplan stand). Ob also Gäste von außerhalb zu erwarten sind, gegen die es anzutreten gilt, geschweige denn, wann diese kommen würden. Hilft nur eins: Abwarten.

Während einige Menschen – dank der ewigen Warterei – eine angeregte Diskussion über Grundschulen und Haustiere führten und nichts von den dramatischen Wendungen draußen mitbekamen, wandelte sich die Situation dort brisant: Kaum zu glauben, aber es waren tatsächlich noch Gegner eingetroffen! Und weil wir KHGler gerade praktischer Weise zur Verfügung standen, wurden wir schnell noch in die Emmaberg-Mannschaft rekrutiert. Und siehe da: Wir haben gewonnen! Aber bei all den talentierten und begabten Menschen wundert das doch niemanden…

Aufgedreht und voller Euphorie über ihren Sieg zog der lachende, tanzende Haufen an Mädchen, der sich auf dem Hof gebildet hatte (welcher übrigens auch die „Tierpsychologen“ wieder aus ihrem Verschlag lockte) ganz pünktlich tansanisch fünfzehn Minuten zu spät in den Abendgottesdienst ein. Dieser war auch die letzten Tage schon voller Energie und Enthusiasmus, aber heute wurden neue Maßstäbe gesetzt. Marianne hat es in einem Satz auf den Punkt gebracht: „Wenn diese Mädchen eine Revolution anzetteln würden, hätte niemand eine Chance!“

Nach dem abendlichen Programm, welches aus Teilen des Partnership Agreements, das heute Vormittag ja leider nicht stattfinden konnte, sowie weiteren fünfzig Runden „everybody who“ bestand, ging es nach diesem vollgepackten, chaotischen, aber wunderschönen Tag schließlich ins Bett!       (Laetizia Laermann über Samstag, 17.08.19)

Nachtrag: Manchmal gibt es Momente oder Situationen im Leben, die unterschiedliche Blickwinkel benötigen, um sie zu verstehen. Oder ein wenig Abstand, um das große Ganze sehen zu können. Ganz ähnlich ist es mir mit diesem Artikel gegangen. Nachdem wir gemeinsam als Gruppe darüber geredet haben, ist mir klar geworden, dass dieser Text noch eine Ergänzung benötigt – denn so, wie er jetzt zu lesen ist, könnte ein falscher Eindruck entstehen. Ich schrieb von Chaos, berichtete von nicht einhaltbaren Terminplänen, aber ich vergaß das riesengroße, super fette Dankeschön! Ein „asante sana“, dass dieses Chaos möglich war!

Unsere tansanischen Freunde, die Lehrer und Schülerinnen aus Emmaberg, hatten für die komplette Zeit unseres Aufenthaltes an ihrer Schule einen wunderbar ausgearbeiteten Zeitplan aufgestellt, damit wir, die Gäste, einen Überblick haben, uns sicher und wohl fühlen. Dass Werner Kronenberg zu Besuch kam, war in keiner Weise ein Teil des geplanten Programmes. Ganz im Gegenteil: Sein Besuch war sogar so spontan, dass wir selbst davon bis Freitagabend noch nichts wussten. Aber es hat uns so gefreut, eine Möglichkeit zu haben, mit ihm sprechen zu können und wir haben uns so sehr gewünscht, dass er uns hier besuchen kann, dass die Emmaberg-Lehrer den gesamten Zeitplan umwarfen, um uns das zu ermöglichen! Im Nachhinein ist mir klar geworden, dass der Artikel über Samstag den Anschein erwecken muss, Tansanier wären nicht in der Lage, zu planen oder irgendetwas zu organisieren. Und das wäre völlig falsch! Wir waren diejenigen, die Extrawünsche hatten und sie haben uns Raum und Zeit dafür geschaffen – das ist nicht selbstverständlich, aber mit einer Lebenseinstellung, die dem Grundsatz „polepole“ folgt (= langsam), ist vieles möglich. Vielleicht sollten wir uns an dieser Stelle also einmal wieder an der eigenen Nase packen und überlegen, ob wir nicht noch etwas dazu lernen können. Nicht alles kann und muss geplant sein, auch spontane und völlig chaotische Situationen können zu Erinnerungen an einen wunderschönen Tag führen!

Also nochmal; vielen vielen Dank und asante sana an all die lieben, verlässlichen Menschen, die uns einen solchen Tag geschenkt haben! (Laetizia Laermann)